Ohne die Sonne gäbe es uns und das Leben auf dieser Erde nicht. Und die Sonne ist bis heute unsere wertvollste Quelle für Gesundheit, Energie und Wohlbefinden. In der Evolution haben wir mit ihrem vollen Lichtspektrum sehen gelernt und an diesem Maßstab muss sich auch gutes künstliches Licht orientieren

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Licht und Schatten der künstlichen Beleuchtung – ein kleiner Wegweiser durch moderne Lichtquellen

Die nun gut 130 Jahre alte Glühlampe ist, wie die Sonne, ein „Wärmestrahler“ und ihr Licht entspricht daher nahezu perfekt unseren Sehorganen: das auch hier geschlossene Farbspektrum ist dabei in den Rotbereich verschoben und hat einen schwächeren Blauanteil. Das gilt auch für die effektiveren und brillanteren Halogen-Glühlampen. Glühlampen sind immer problemlos dimmbar und die Lichtfarbe wird dabei wärmer, was wir als sehr angenehm empfinden, weil wir es auch vom Sonnenuntergang kennen. Allerdings werden nur ca. 3-5 % der aufgenommenen Energie in Licht umgewandelt.

Anders verhält es sich mit den vor etwa 70 Jahren entwickelten Niederdruck-Gas-Entladungslampen, unseren Leuchtstofflampen, umgangssprachlich oft „Neonröhren“ genannt. Zu diesen gehören auch die Kompakt-Leuchtstofflampen und die „Energiesparlampen“, bei denen dann in jeder einzelnen ein eigenes Vorschaltgerät integriert ist. Leuchtstofflampen wandeln je nach Art und Qualität ca. 15 – 20 % der aufgenommenen Leistung in Licht um, das heißt sie sind bezogen auf die Lichtausbeute oder Energieeffizienz der Glühlampe um das 5 bis 6fache überlegen.

ABER: Es gibt eine Reihe bedeutender Unterschiede, die ihren Einsatz relativieren oder einschränken. So haben sie kein geschlossenes Spektrum, weshalb sie für gehobene Sehaufgaben oder Farbbemusterungen nur eingeschränkt verwendbar sind. Im Gegensatz zu Glühlampen können sie auch nur mit speziellen (und entsprechend teuren) Vorschaltgeräten gedimmt werden, wobei das Licht nicht wärmer wird: sie behalten ihre Lichtfarbe bei. Für den Zündprozess der Gasentladung wird Quecksilber benötigt, das bei Bruch oder nicht fachgerechter Entsorgung nachhaltig unseren Lebensraum belastet. Bei den zunächst stark propagierten Energiesparlampen sind in den integrierten Vorschaltgeräten seltene Erden enthalten, die unter unzumutbaren Bedingungen – fast ausschließlich in China – abgebaut werden; zudem wurden giftige Phenolausdünstungen gemessen.

Das größte – und allgemein noch gar nicht bekannte – Problem der Leuchtstofflampen und Energiesparlampen ist aber eine in hohem Maße gesundheitsrelevante Gefahr, auf die auch schon leitende Ärzte, z.B. an der Charité, hingewiesen haben: durch die Charakteristik des Strahlenspektrums dieser Entladungslampen mit einem starken Akzent im blauen Bereich kann die abendliche Melatonin-Ausschüttung (das Schlafhormon) gestört werden. Das bringt unsere innere Uhr, den Biorhythmus, aus dem Gleichgewicht.

Dadurch kann es je nach Konstitution neben Schlafmangel oder Schlafstörungen auch zum Ausbruch von Krankheiten oder einem entsprechend schlechteren Verlauf derselben kommen.

Mit der LED-Technik (Licht Emittierende Dioden) erleben wir eine regelrechte Revolution in der Licht- und Beleuchtungstechnik. Innerhalb weniger Jahre hat sich eine Technologie, die wir bis dahin nur aus der Signaltechnik und Hintergrundbeleuchtung (Auto, Instrumente) kennen, zur Lichttechnik der Zukunft entwickelt. Mit Lebensdauern von 50.000 Stunden, einer heute schon bis zu 10-fachen Effektivität im Verhältnis zur Glühlampe, hervorragender Farbwiedergabe ohne UV-Anteil, völliger Schaltunempfindlichkeit und erhältlich in allen Farbtönen, hat sie einen unvergleichlichen Siegeszug angetreten. Über den wesentlich geringeren Energieverbrauch amortisieren sich die z.Zt. immer noch deutlich höheren Anschaffungskosten meistens in einem überschaubaren Zeitraum. Durch die technische Weiterentwicklung wird sich dieser Effekt noch deutlich verbessern. Ich gehe davon aus, dass wir in 5 – 10 Jahren bei der Beleuchtung einen LED-Anteil von 80 – 90 % haben werden. Dennoch hat auch die LED-Technik ihre Grenzen.

Wohlbefinden und Leistungsvermögen

Was wir abends vermeiden sollten – sehr helles Licht – ist morgens genau richtig, um gut gelaunt und energiegeladen in den Tag zu starten: durch viel helles Licht am Morgen, besonders mit einem hohen Blauanteil, wird der Melatoninpegel heruntergefahren und die Produktion von Serotonin angeregt. Dies erhöht die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und versetzt uns in eine positive Stimmung. Gerade in der dunkleren Jahreszeit sollte man sich so viel wie möglich dem Tageslicht aussetzen und an Arbeitsplätzen das Niveau der künstlichen Beleuchtung über den Tag erhöhen.

Mit dem Bestreben, Energie effizienter einzusetzen, um die Umwelt zu schonen, wächst auch unser Verständnis der Bedeutung von Licht für Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Das führt zu einem Umbruch beim Einsatz und der Planung von künstlicher Beleuchtung im privaten und beruflichen Umfeld. Eine Neubewertung und Umorientierung ist die zwingende Folge jüngster Erkenntnisse und der Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen von Licht auf die Psyche und den Organismus des Menschen. Wir stehen vor der Aufgabe, „gutes Licht“ neu zu definieren und nicht nur an allgemeinen quantitativen und qualitativen Kriterien zu messen. Die Erkenntnisse der Schlafforschung, der Lichttherapie und Farblicht-Therapie, der Studien zu circadianer Beleuchtung und Projekte in der Demenz-Medizin und in Wachkoma-Stationen weisen den Weg zu neuen nutzerbezogenen Konzepten, die unsere genetischen Dispositionen in die Betrachtung mit einbeziehen.

Circadiane Beleuchtung – Steuerung unserer „inneren Uhr“

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Der Mensch hat sich, wie fast alle Organismen, mit einem System innerer Uhren auf den Wechsel von Tag und Nacht eingestellt und den Rhythmus seines Lebens wie auch die biologischen Programme den Zyklen der Außenwelt angepasst. Die mit dem Tag-Nacht-Rhythmus synchron laufenden Prozesse nennt man „circadianen Rhythmus“ (lateinisch: circa „ungefähr“, dies „Tag“).

 

 

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Melatonin, das „Schlafhormon“, wird ab etwa 18 Uhr mit zunehmender Dunkelheit in der Zirbeldrüse gebildet; es macht müde, entschleunigt die Körperfunktionen und sorgt dafür, dass viele Stoffwechselvorgänge zurückgefahren werden. Der Körper kommt in einen Sparmodus und schüttet Wachstumshormone aus, die in dieser Phase Zellreparaturen auslösen.

 
Durch das helle, kühlweiße Zenit-Licht am Morgen wird, gesteuert durch Fotorezeptoren in der unteren Netzhaut des Auges, das Schlafhormon Melatonin unterdrückt und der circadiane Rhythmus durch die Produktion von Cortisol angestoßen. In der Folge wird auch das „Wohlfühlhormon“ Serotonin ausgeschüttet, das den Menschen energiegeladen und gut gelaunt in den Tag starten lässt. Weil das Licht bestimmt, wie unsere innere Uhr läuft, haben auch die jahreszeitlichen Unterschiede durchaus Einfluss auf unser Wohlbefinden. Mindestens jeder zehnte Deutsche ist deshalb in der dunklen Jahreszeit von „Winterblues“ betroffen, einer temporären depressiven Gemütslage, der sog. SAD (Seasonal Affective Disorder).

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Problem künstlicher Beleuchtung

In der modernen Welt haben wir in den letzten Jahrzehnten unser Arbeiten und Leben mit Hilfe des künstlichen Lichts anders organisiert, als wir es genetisch in der Evolution gelernt haben. Unsere genetische Disposition, unsere Zellerinnerung, ist aber auf dem Stand der Steinzeit: der Tag war geprägt von hellem Licht mit bis zu 100.000 Lux im Sommer und selbst um die 3.000 – 20.000 Lux an Wintertagen, in der Nacht herrschte dagegen völlige Dunkelheit. Lagerfeuer, Öllampen, Kerzen spendeten nicht mehr als vielleicht 10 Lux.

Die Erfindung der Glühlampe vor 130 Jahren und der Gasentladungslampe vor ca. 80 Jahren unterstützte die Industrialisierung und heute arbeiten und leben wir bei etwa 300 bis 500 Lux – am Tag und in der Nacht. Mediziner nennen das „biologische Dunkelheit“. Denn seit dem Jahr 2001 wissen wir, dass unsere innere Uhr, der circadiane Rhythmus, über das Sonnenlicht hormonell gesteuert wird; allerdings bedarf es dazu höherer Beleuchtungsstärken als wir sie in unseren Wohnungen und an unseren Arbeitsplätzen vorfinden.

Zu viel blaues Licht ist ungesund

Die große Menge an blauem Licht aus Leuchtstofflampen und LED, aber auch von Handy-, Computer- und TV-Monitoren ist ungesund. Es gibt ein Problem mit unserer modernen Beleuchtung, das noch gar nicht ins allgemeine Bewusstsein gedrungen ist, aber immer
größere Bedeutung für unsere Gesundheit erlangt: Wir sind durch die energiesparenden Lichtquellen und die modernen Monitore zunehmend blauem Licht ausgesetzt, das negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat.

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In den 1930er Jahren übernahmen die energiesparenden Leuchtstofflampen die Beleuchtung von Industrie- und Büro-Arbeitsplätzen. Sie basieren auf einem Quecksilberdampf-Entladungsprozess, der eine feste blaue Amplitude bei 436 nm (dem sog. „Quecksilberlicht“) erzeugt und sie sind bis heute die vorherrschende Lichtquelle an gewerblichen Arbeitsplätzen. Auch Computer- und Fernsehbildschirme, insbesondere die eleganten Flachbildschirme bzw. TFT-Monitore, strahlen blaues Licht ab, da deren Hintergrundbeleuchtung mit Kaltkathoden-Röhren ebenfalls auf Quecksilberdampf-Entladung basiert.
Selbst die modernen LED-Leuchten und die LED-hinterleuchteten TV-Monitore weisen diesen blauen Spot auf, da sie technisch auf monochrom blauen LEDs aufbauen.

Die zunehmende Belastung mit blauem Licht kann aber, vor allem am Abend, zu einer Störung der hormonellen Steuerung im System der inneren Uhr (circadianer Rhythmus) führen, insbesondere zu Schlafstörungen, mangelnder Erholung und allgemeinem Energieverlust. Zum anderen kann die Bündelung der blauen Strahlung im Auge bei den langen Expositionszeiten, die hier meistens erreicht werden, zur oxydativen Schädigung des Sehzentrums führen (Makuladegeneration). Hilfreich wäre hier ein größerer Anteil von rotem Licht und nahinfraroter Strahlung, die eine regenerative Wirkung auf das Auge haben. Diesen Spektralbereich haben wir bei klassischen und Halogen-Glühlampen und beim Tageslicht. Die Glühlampen will aber der Gesetzgeber möglichst völlig durch Energiesparlampen ersetzen, obwohl die meisten Berufstätigen nicht regelmäßig ans Tageslicht kommen, schon gar nicht in der dunklen Jahreszeit.

Mein Rat:
1. Lesen und arbeiten Sie nachmittags und abends möglichst bei Halogenlicht, um den circadianen Rhythmus zu stützen, insbesondere um die gegen Abend einsetzende Melatonin-Ausschüttung (Schlaf-Hormon) nicht zu unterbinden, die auch für nächtliche Zellreparaturen zuständig ist.
2. Tragen Sie bei intensiver Bildschirmarbeitsplatz-Tätigkeit eine (gelbe) Bildschirmarbeits-Brille, die den besonders belastenden Bereich des blauen Lichts von 400-450 nm kompensiert und damit oxidativen Stress vermeidet.

Licht-Therapie – ein Thema nicht nur für den Winter

Der Winter ist die sprichwörtlich dunkle Jahreszeit: die Tage sind kurz und die Sonne hat auf ihrem tieferen Umlauf nicht mehr die Kraft, sich gegen Nebel und Wolken durchzusetzen. Immer mehr Menschen leiden in dieser Zeit an einer Lichtmangeldepression, die auch als Winterblues oder Winterdepression bekannt ist und medizinisch als saisonale oder saisonal abhängige Depression (SAD) bezeichnet wird. Die Zahl der von leichten Auswirkungen Betroffenen wird auf ca. 20 % geschätzt, ausgeprägte Erscheinungen findet man bei etwa 2 – 5 % der Menschen, überwiegend im Alter von über 20 Jahren und mit einem deutlich höheren Frauen-Anteil. Und die Zahl der Betroffenen steigt ständig.

Ursache dieser saisonalen Depression ist vor allem Lichtmangel. In Nord-Russland, Skandinavien und Kanada ist dieses dort deutlich ausgeprägtere Gesundheitsproblem schon immer bekannt, nimmt aber auch in unseren Breiten spürbar zu, vielleicht besonders durch die Überlagerung mit immer stärkeren psychosozialen Problemen unserer modernen Umwelt.
Am Arbeitsplatz oder in unseren Wohnungen befinden wir uns regelmäßig in Licht-Niveaus von 300 – 600 Lux, selten mehr. Ein trüber Wintertag bringt es dagegen auf 3.000 Lux, ein schöner sogar auf mehr als 10.000 Lux. Wenn wir aber auf das helle Licht am Tag verzichten und dann auch noch mit künstlichem Licht die Nacht zum Tage machen (die Wissenschaft spricht von „Biologischer Dunkelheit“), kommt unsere innere Uhr aus dem Rhythmus – ein unverzichtbarer „Taktgeber“, der unseren Wach-Schlaf–Rhythmus über Botenstoffe und Hormone steuert und auch großen Einfluss auf unser Wohlbefinden und alle biologischen Prozesse hat.

Was uns im Winter oft völlig fehlt, sind Aufenthalte im Freien, wo die Helligkeitswerte auch bei schlechtem Wetter die Verhältnisse in Räumen immer noch um ein Vielfaches übersteigen. Ein Spaziergang von mindestens einer halben Stunde täglich oder regelmäßig etwas Sport in der Natur sind deshalb das beste „Heilmittel“.

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Aber auch mit (Kunst-)Licht-Therapie kann der circadiane Rhythmus, unsere innere Uhr, wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Allerdings bedarf es dazu gut des 10-Fachen der normalen Beleuchtungswerte und der Beachtung der nachfolgenden Regeln:

1. Ab ca. 2.000 Lux reagieren die Fotorezeptoren (Ganglienzellen) im Auge auf den Lichteinfall, 5.000 – 10.000 Lux sind ideal für die Licht-Therapie.
2. Das Licht sollte möglichst einen hohen Blauanteil haben (kaltweiß >5.000° Kelvin) und von schräg oben einfallen (wie Zenit-Licht 0-50°).
3. Ab 5.000 Lux sollte man sich dem Licht ½ – 1 Stunde aussetzen, ab 10.000 Lux genügt i.d.R. eine Sitzung von 15 – 30 Minuten, je nach Bedarf täglich oder 1 – 3 x wöchentlich.
4. Die Licht-Therapie sollte morgens durchgeführt werden, am besten bis 8 oder 9 Uhr, aber nicht später als 12 Uhr, denn sie senkt, entsprechend dem Morgenlicht in der Natur, die Produktion des Schlafhormons Melatonin und regt die Produktion von Cortisol an, das den Stoffwechsel anstößt und uns auf Tagesbetrieb programmiert.

Licht-Therapie hilft, insbesondere in der dunklen Jahreszeit, die innere Uhr wieder zu takten, was zu einem ausgeglichenen Tag-Nacht-Rhythmus führt und auch die Produktion des „Wohlfühl-Hormons“ Serotonin positiv beeinflusst. Gegen Abend sollte man sich dann keinen hohen Lichtstärken mehr aussetzen, um die ab etwa 18 Uhr einsetzende Melatonin-Produktion, und damit den gesunden Schlaf, nicht zu gefährden.

Dipl.-Kfm. Heinrich Remagen
Sachkundiger für Beleuchtung
Geschäftsführer REMAGEN Ideen für Licht + Raum e.K., Köln
h.remagen@remagenlicht.de, Mobil: 0171-400 89 12